…und als ob die Lady Jour Nuit nicht schon beeindruckend genug wäre, präsentiert Van Cleef & Arpels mit der Lady Arpels Brise d’Été eine weitere Facette ihrer uhrmacherischen Poesie. Während die Lady Jour Nuit den Rhythmus von Tag und Nacht zelebriert, fängt die Lady Arpels Brise d’Été einen einzelnen, perfekten Sommermoment ein.
- Van Cleef & Arpels Lady Arpels Brise d’Été
- Eric de Rocquigny, International Operations & Métiers Director von Van Cleef & Arpels, Gewinner des Damenuhrenpreises 2024
Die „Sommerbrise“ – so die deutsche Übersetzung – ist mehr als eine Uhr; sie ist ein mechanisches Gedicht am Handgelenk. Bei Van Cleef und Arpels nennt man die Serie aus der die Uhr stammt: Poetic Complications. Was mich besonders fasziniert, ist die Art und Weise, wie Van Cleef & Arpels hier die Grenze zwischen Haute Horlogerie und Haute Joaillerie verschwimmen lässt. Es erinnert mich an die Philosophie der Independent Watchmakers, die wir oft in der Werkstatt besuchen – diese unbedingte Hingabe zur Perfektion, nur auf eine ganz andere Art interpretiert.
Was Van Cleef & Arpels hier geschaffen hat, erinnert an die komplexen Automaten, die wir sonst nur von Spezialisten wie Vianney Halter oder den großen Namen der AHCI kennen – nur dass hier die Mechanik in den Dienst der Poesie gestellt wird.
Der Automat der Brise d’Été ist ein faszinierendes Zusammenspiel mehrerer Komplikationen. Das beginnt schon bei der Aktivierung: Bei 8 Uhr sitzt der Drücker, der das mechanische Theater zum Leben erweckt. Eine ausgeklügelte Automaton-Funktion orchestriert dann mehrere vollkommen unabhängige Bewegungsabläufe. Mehrere Schmetterlinge gleiten in unterschiedlichen Bahnen über das Zifferblatt – jeder in seinem eigenen Tempo, jeder auf seiner eigenen, sorgfältig kalkulierten Route. Gleichzeitig bewegen sich filigrane Blüten und Grashalme in einer präzise kalkulierten, aber täuschend natürlich wirkenden Sequenz.
Die Zeitanzeige selbst ist eine Komplikation von besonderer Raffinesse. Ein wandernder Diskus trägt zwei Schmetterlinge als Tag/Nacht-Indikation – der gelbe Schmetterling für die Tagesstunden, sein blauer Gefährte für die Nachtstunden. Diese scheinbar simple Anzeige erfordert höchste Präzision im Antrieb, denn die Bewegung muss absolut gleichmäßig erfolgen, um die Zeit exakt anzuzeigen.
Das Automatikwerk mit 36 Stunden Gangreserve ist ein kleines Meisterwerk für sich. Es muss nicht nur die präzise Zeitanzeige gewährleisten, sondern gleichzeitig die komplexe Automaton-Mechanik antreiben. Jede einzelne Bewegung der Schmetterlinge, jedes Wiegen der Grashalme, jedes Nicken einer Blüte muss perfekt kalibriert sein. Die Herausforderung liegt dabei nicht nur in der mechanischen Präzision, sondern vor allem in der Choreographie der Bewegungen. Sie müssen natürlich wirken, dürfen aber nie zufällig sein.
Die handwerkliche Ausführung der Brise d’Été zeigt die ganze Bandbreite traditioneller Emaillekunst. Besonders beeindruckend ist die Verwendung der Plique-à-jour-Emaille bei den Schmetterlingen. Diese außerordentlich anspruchsvolle Technik schafft transluzente Flächen, die wie kleine Kirchenfenster wirken. Jeder Flügel ist ein eigenständiges Kunstwerk, bei dem die Emaille in kleinste Zellen eingeschmolzen wird, ohne Metallrückwand, sodass das Licht hindurchscheinen kann.
Die Blüten sind in Vallonné-Emaille ausgeführt, eine Technik, die reliefartigen Strukturen schafft. Die azurblauen Nuancen entstehen durch unterschiedliche Schichtdicken der Emaille. Die Champlevé-Emaille der Blätter wiederum nutzt in das Metall gravierte Vertiefungen, die mit Emaille gefüllt werden. Diese Technik erlaubt es, präzise Konturen zu schaffen und verschiedene Grüntöne in faszinierender Tiefe darzustellen.
Das mattierte Perlmutt des Zifferblatts ist nicht einfach nur Hintergrund – es ist ein wesentliches Element der Gesamtkomposition. Seine subtile Struktur verleiht der Szene Tiefe und einen natürlichen Schimmer. Die strategisch platzierten Tsavorite in den Grashalmen und Spessartit-Granate in den Blütenstempeln setzen präzise Lichtakzente. Sie sind nicht als Schmuck zu verstehen, sondern als integraler Bestandteil der künstlerischen Vision.
Die technische Komplexität dieser Uhr erinnert an die Werke von Vianney Halter und seiner Deep Space Tourbillon. Aber während Halter die faszinierende Mechanik seiner Kreationen zur Schau stellt, verbirgt Van Cleef & Arpels den technischen Zauber diskret hinter einem Vorhang aus Emaille und Edelsteinen im 38 Millimeter großen Weißgoldgehäuse.
Selbst die Rückseite des Gehäuses wurde nicht vernachlässigt. Feine Gravuren setzen das florale Thema fort und machen die Uhr auch von hinten zu einem Kunstwerk. Es sind diese Details, die zeigen, wie durchdacht das gesamte Konzept ist.
Die Brise d’Été verkörpert eine besondere Form der Haute Horlogerie: Eine technische Raffinesse, die sich vollständig in den Dienst der künstlerischen Vision stellt. Van Cleef & Arpels beweist hier eindrucksvoll, dass höchste uhrmacherische Komplexität und poetische Gestaltung keine Gegensätze sein müssen. Im Gegenteil – sie bereichern sich gegenseitig und schaffen etwas ganz Besonderes: Ein mechanisches Gedicht am Handgelenk.
Ach ja!: Hier die „Schwester“, die ebenfalls beim GPHG 2024 gewonnen hat, die „Lady jour nuit“.
Direkt zur Uhr: https://www.vancleefarpels.com/en/collections/watches/poetic-complications.html